Die Tuschespur der Katze

Eine Korrespondenz mit Jan-Michael Ehrhardt zur Unterweisung auf dem Weg des Malens.
von Thorsten Schirmer

Verlag für Ethnologie Hannover, 2020

ISBN 978-3-86421-108-9

Geleitwort des Herausgebers

Mit der „Tuschespur der Katze“ liegt bereits die zweite Veröffentlichung über die Malerei Ostasiens im Dialog mit dem Westen vor, die unsere Akademie einer interessierten Öffentlichkeit präsentieren kann. Sie bezeugt die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Lehrer und Schüler auf einem Übungsweg, der die westliche Unterteilung theoretischer und praktischer wie auch die seit längerem im europäischen Geistesleben latent vorhandene Feindschaft zwischen wissenschaftlicher und künstlerischer Arbeit überbrückt. 

Wie es zu jener Feindschaft, die Nietzsche sogar zur „Todfeindschaft“ erklärt, zwischen dem Künstler als schöpferischen Individualisten und jenem ganz anderen Typus eines in der Wissenschaft tätigen Kollektivarbeiters kommen konnte, ist eine der interessantesten Entwicklungen des europäischen Geisteslebens vom 18. bis ins 20. Jahrhundert. Der „Europäische Geist“, d.h. seine „Genies“ einerseits  und seine „Armee der Wissenschaftler“ andererseits, kolonialisierten in dieser Zeit den halben Globus.

Heute deutet sich in den uns willkommenen fernöstlichen Auffassungen einer Korrespondenz von  künstlerischem und wissenschaftlichem Typus eine Chance an, die unsere Akademie ergreifen möchte. Nicht gilt es die Frage zu stellen, was den Westen vom Osten unterscheidet, sondern was wir bei allen Unterschieden voneinander lernen können. Im Vordergrund steht also nicht länger die Differenz, sondern vielmehr die Korrespondenz. In diesem Sinne wissen wir auch die gute Zusammenarbeit zwischen unserer Akademie und dem Konfuzius-Institut Nürnberg-Erlangen sehr zu schätzen, deren Direktorin Dr. Yan Xu-Lackner hier besonders für die freundliche Unterstützung bei der Realisierung dieses Buches gedankt sei. 

Der sogenannte Westen, also Kulturen, die durch Judentum, Christentum und Islam gekennzeichnet sind und die den Dualismus von trockener Gelehrsamkeit einerseits und schöpferischem Enthusiasmus andererseits bis in die Streitigkeiten der Mystiker und Sufis entwickelt haben, kann von den sehr weit entwickelten Übungswegen des Ostens viel lernen. In diesem Sinne nehmen uns Thorsten Schirmer und Jan-Michael Ehrhardt mit auf einen Weg, der die Möglichkeiten der glückhaften Vervollkommnung gerade in der Verbindung des ehemals Getrennten zeigt; einer Vervollkommnung, in der das Selbst des Künstlers weniger wichtig, die glückhafte Korrespondenz dafür aber umso bedeutender scheint. Ihr Weg ist der des Malens, der wie auch der Teeweg, der Weg der Meditation und viele andere Übungswege des Fernen Ostens das Heilige und das Profane, das Praktische und das Theoretische, das Künstlerische und das Wissenschaftliche integriert und so im Prinzip das eigentliche Zukunftsversprechen unserer globalen Gesellschaft ist.   

Dr. Reinhard Knodt

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